Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat sich anlässlich eines Rechtsstreits mit der Frage beschäftigt, ob der Arbeitgeber im Rahmen seiner arbeitsschutzrechtlichen Verpflichtungen berechtigt sein kann, Corona-Tests (PCR) für seine Arbeitnehmer anzuordnen (BAG Urteil vom 01.06.2022, Az.: 5 AZR 28/22).
Dem Rechtsstreit lag eine Klage einer Flötistin der Bayerischen Staatsoper zugrunde. Hintergrund der Klage war ein von der Bayerischen Staatsoper zu dem Beginn der Spielzeit 2020/21 entwickeltes betriebliches Hygienekonzept zum Schutz der Arbeitnehmer vor COVID-19-Erkrankungen. Dieses von der Staatsoper entwickelte Hygienekonzept sah u.a. die Verpflichtung der Arbeitnehmer zur Durchführung von PCR-Tests vor. Die entsprechenden PCR-Tests wurden dabei kostenfrei von der Bayerischen Staatsoper angeboten.
Die Klägerin lehnte jedoch die angeordneten PCR-Tests ab und weigerte sich, sich testen zu lassen. Zur Begründung führte die Klägerin an, dass die angeordneten Tests Eingriffe in ihre körperliche Unversehrtheit seien. Ohne die Vorlage eines negativen PCR-Tests, durfte die Klägerin fortan weder an den Proben noch an den Aufführungen teilnehmen. Die Beklagte stellte damit in der Zeit von Ende August bis Oktober die Gehaltszahlungen der Flötistin ein.
Die Flötistin klagte daraufhin die ausstehende Vergütung ein. Das Arbeitsgericht München (Urt. V. 24.03.2021, Az.: 19 Ca 11406/20) und das Landesarbeitsgericht München (Urt. V. 26.10.2021, Az.: 9 Sa 332/21) wiesen die Zahlungsklage der Flötistin ab. Auch vor dem Bundesarbeitsgericht blieb die Klage nunmehr ohne Erfolg. Entsprechend der Pressemitteilung des BAG wurden die PCR-Tests rechtmäßig angeordnet.
Das Bürgerliche Gesetzbuch verpflichtet nach § 618 BGB Arbeitgeber dazu, die Arbeitnehmer vor Gefahren für Leben und Gesundheit so gut es geht zu schützen. Nach dem arbeitgeberseitigen Direktionsrecht nach § 106 Gewerbeordnung (GewO) ist es dem Arbeitgeber gestattet, Maßnahmen zum Arbeitsschutz anzuordnen. Der Arbeitgeber hat hierbei einen Ermessenspielraum, den er aber »billig« ausüben muss.
Nach dem BAG haben die Anordnungen von PCR-Tests billigen Ermessen entsprochen. Der mit der Durchführung der PCR-Tests einhergehende Eingriff in die körperliche Unversehrtheit sei gering und deshalb verhältnismäßig. Da die Anordnung der Corona-Tests (PCR) rechtmäßig war, sprach das Bundesarbeitsgericht keinen Anspruch auf die ausstehende Vergütung zu.
Die Entscheidung des BAG dürfte zu einem Aufatmen auf Seiten der Arbeitgeber führen und diesen verdeutlichen, inwieweit Hygienemaßnahmen zum Schutz der Arbeitnehmer vor COVID-19-Erkrankungen in einem Betrieb angeordnet werden können. Arbeitgeber sollten sich bei entsprechender Anordnung von Hygienemaßnahmen jedoch stets vor Augen führen, dass die der Entscheidung des BAG (Urteil vom 01.06.2022, Az.: 5 AZR 28/22) zugrundeliegenden Maßnahmen des Arbeitgebers zu Hochzeiten der Corona-Pandemie erfolgten.